Dummheit ist nicht nur nervig – sie ist eine echte Bedrohung. Sie verbreitet sich schneller als ein billiger Witz, zerstört Gesellschaften und taucht trotzdem immer wieder als Ehrengast bei jeder Diskussion auf. Und das Schlimmste? Es hat nichts mit IQ zu tun. Es geht halt darum, dass Menschen einfach nicht mehr denken, weil Denken anstrengender ist als Nachahmen.

Schaut euch um: Politischer Fanatismus, Influencer, die blanken Unsinn verkaufen, Social-Media-Streits, die selbst im Kindergarten für Augenrollen sorgen würden – das alles passiert nicht, weil Menschen dumm sind. Sondern weil Dummheit bequem ist. Denken kostet Energie, und wer will sich heute noch anstrengen? Fakten checken? Zu mühsam. Sich mit komplexen Fragen beschäftigen? Zu umständlich. Lieber einfach „Gefällt mir“ klicken, eine Meinung wie ein Fan-Trikot überstreifen und dann mit stolzgeschwellter Brust ins nächste sinnfreie Gefecht ziehen.

Bonhoeffer: Dummheit schlägt das Böse

Dietrich Bonhoeffer, der deutsche Theologe, der im Kampf gegen die Nazis nicht nur predigte, sondern auch sein Leben riskierte, sagte: Dummheit ist gefährlicher als das Böse. Warum? Weil das Böse immerhin einen Plan hat. Dummheit dagegen? Die marschiert mit, lächelt dabei und denkt sich nichts. Und wenn sie einmal losläuft – gute Nacht.

Bonhoeffer wusste genau, was passiert, wenn Menschen aufhören, selbst zu denken. Nicht weil sie dumm sind, sondern weil es angenehmer ist, einfach in der Masse mitzuschwimmen. Kritisch nachdenken? Unbequem. Außenseiter sein? Anstrengend. Also lässt man’s.

Heute: Gleiches Problem, bessere Technik

Die Werkzeuge haben sich geändert, das Muster ist geblieben. Social Media hat nicht nur Dummheit möglich gemacht – es hat sie optimiert. Algorithmen lieben Reflex statt Reflexion, Empörung statt Argumente und Parolen statt Ideen. Und was ist das Ergebnis? Ein öffentlicher Diskurs, in dem der lauteste Schreihals gewinnt.

Nehmen wir die politische Spaltung. Das wahre Problem unserer Zeit ist nicht, dass Menschen unterschiedlicher Meinung sind – sondern dass sie es so vorhersehbar und plump tun. Politische Dummheit ist keine Frage von links oder rechts. Sie ist die Fähigkeit, blind der eigenen Seite zu folgen, ohne einmal nachzudenken, ob das überhaupt Sinn ergibt.

Cipolla: Wahre Dummheit ist selbstzerstörerisch

Der Wirtschaftshistoriker Carlo Cipolla stellte fest: Wirklich dumme Menschen schaden anderen – ohne selbst etwas davon zu haben. Willkommen in der Welt der Polarisierung. Hier kämpft man nicht, weil es ein klares Ziel gibt, sondern weil es eben dazugehört. Hauptsache, die Fronten bleiben bestehen. Wer nachdenkt, zerstört die schöne Ordnung, in der alles schwarz-weiß bleibt. Und genau das ist das Problem: Dummheit lebt von Vorhersehbarkeit. Wer vorhersehbar ist, denkt nicht.

Dummheit ist nicht harmlos – sie ist brandgefährlich

Und jetzt wird’s richtig bitter: Dummheit ist nicht nur passiv – sie ist aktiv, durchsetzungsstark und verdammt effizient. Sie braucht keinen brillanten Plan, sie braucht nur Momentum. Stell sie dir vor wie einen Virus, der sich ständig anpasst. Die beste Dummheit ist flexibel, voller Überzeugung und absolut resistent gegen Vernunft. Sie tarnt sich als Moral, sie redet mit Pathos und überrollt jede Logik – nicht mit besseren Argumenten, sondern mit reiner Beharrlichkeit.

Dummheit infiltriert Institutionen, treibt Bewegungen an, manipuliert Geschichte – während die Vernünftigen noch überlegen, wie man am besten dagegen argumentiert.

Und dann gibt es noch Manfred Kets de Vries, der ein weiteres Kapitel in diesem Drama aufschlägt: Pseudo-Dummheit. Das ist, wenn Menschen absichtlich auf dumm machen, um andere zu manipulieren. Politiker, die „nicht verstehen“, warum Wirtschaft kompliziert ist. Influencer, die komplexe Themen auf TikTok-ready Blödsinn herunterbrechen. Manager, die völlig „überrascht“ sind, wenn ihr Konzern einen Skandal produziert.

Alles Show. Und das Publikum? Klatscht begeistert.

Sind wir besser? Oder nur bequemer?

Und jetzt der unangenehme Part: Sind wir wirklich besser? Wir zeigen gerne auf „die dummen Massen“, aber sind wir selbst nicht genauso anfällig für einfache Erzählungen? Auch wir nehmen oft den bequemeren Weg. Auch wir teilen Sachen, ohne sie zu hinterfragen. Auch wir tun manchmal nur so, als hätten wir uns eine Meinung gebildet – obwohl wir einfach nur den erstbesten Gedanken übernommen haben, der uns bestätigt.

Cipolla sagt: Eindämmen. Bonhoeffer sagt: Widerstehen. Kets de Vries sagt: Entlarven.

Vielleicht fängt es bei uns selbst an – nicht mit großen Gesten, sondern mit dem kleinen, unscheinbaren Akt, sich selbst zu erwischen, wenn wir auf Autopilot laufen. Wann übernehmen wir Narrative, nur weil sie bequem sind? Wann ziehen wir es vor, uns empört oder selbstgerecht zu fühlen, anstatt Klarheit zu schaffen? Statt uns als Opfer der Dummheit der anderen zu inszenieren oder uns im Recht zu wähnen, sollten wir uns fragen: Hinterlasse ich die Welt klarer, ehrlicher, durchdachter, als ich sie vorgefunden habe?

Denn wer nicht bewusst denkt, denkt trotzdem – nur eben so, wie es andere für ihn vorgesehen haben.