Quantencomputing ist wie ein überteuerter Latte Macchiato: ein Teil Substanz, ein Teil Schaum. Es ist ein Feld, das verspricht, ganze Industrien zu revolutionieren, Probleme zu lösen, die wir kaum begreifen können, und – wenn es nach Investoren geht – jemanden sehr, sehr reich zu machen. Im Zentrum dieses Wirbels steht Rigetti Computing, ein Unternehmen, das den Traum des Quantenzeitalters und all seine Widersprüche verkörpert.

Doch hier ist der Haken: Rigetti könnte nicht die Eine sein. Das bedeutet aber nicht, dass es sich nicht lohnt, auf den Quanten-Hype-Zug aufzuspringen.

Die praktischen Auswirkungen: Greifbares Potenzial im Hype

Fangen wir mit den Grundlagen an – oder genauer gesagt, mit den Qubits. Anders als klassische Computer, die Daten in binären Bits (0 und 1) verarbeiten, arbeiten Quantencomputer mit Qubits. Diese können dank der Prinzipien der Überlagerung (Superposition) und Verschränkung (Entanglement) gleichzeitig als 0, 1 oder irgendetwas dazwischen existieren. Das macht sie besonders geeignet, extrem komplexe Probleme zu lösen, bei denen klassische Systeme an ihre Grenzen stoßen.

Rigetti hat sich mit seiner supraleitenden Qubit-Technologie eine Nische geschaffen – ein hardware-intensiver Ansatz, der das Unternehmen sowohl als Innovator als auch als Außenseiter positioniert. Ihre Qubits versprechen eines Tages, das Quantencomputing stabil und leistungsstark genug zu machen, um klassische Maschinen in komplexen Aufgaben zu übertreffen. Und sie basteln nicht nur im Labor herum: Die Quantenprozessoren von Rigetti sind über die Cloud zugänglich, und Partnerschaften mit Schwergewichten wie Nvidia zeigen, dass sie nicht ins Leere rufen.

Rigetti plant die Einführung eines 36-Qubit-Systems bis 2025 und strebt langfristig ein System mit über 100 Qubits an. Auf dem Papier klingt das beeindruckend. Doch hier ist der Haken: Je mehr Qubits man hinzufügt, desto mehr Fehler treten auf. Dadurch werden Quanten-Systeme oft instabil und unzuverlässig. Rigettis technologischer Fortschritt basiert derzeit mehr auf Hoffnung als auf Hardware.

Rigettis Qubits könnten eines Tages Probleme lösen, die selbst Google nicht bewältigen kann – heute lösen sie jedoch vor allem das Problem, die Euphorie der Investoren am Leben zu erhalten.

Die Hype-Maschine: Quantum als das neue Krypto?

Kommt Ihnen das bekannt vor? Das liegt daran, dass wir das alles schon einmal erlebt haben. Denken Sie an die Hochzeit der Kryptowährungen, als jedes neue Blockchain-Startup versprach, irgendetwas zu revolutionieren. Oder an die frühen Tage der KI, als uns Maschinen versprochen wurden, die wie Menschen denken – und wir letztlich Chatbots bekamen, die gelegentlich ihren Lebenslauf erfinden. Der Unterschied? Quantencomputing ist noch schwieriger an den durchschnittlichen Investor zu verkaufen, weil es in so dichte Fachsprache gehüllt ist, dass es wie aus einer anderen Dimension zu kommen scheint. Aber der Aktienmarkt kümmert sich nicht darum.

Beispiel gefällig? Die Aktien von Rigetti stiegen innerhalb von drei Monaten um 800%, ein meteorgleicher Anstieg, der nicht auf ihre finanzielle Leistung zurückzuführen ist (Spoiler: die ist katastrophal), sondern auf ihre Nähe zu Googles Ankündigung des bahnbrechenden Willow-Chips. Der Markt verlangt nicht, dass Rigetti profitabel ist – es reicht, wenn sie nah genug am Quanten-Buzz dran sind. Dasselbe Phänomen trieb auch den frühen Krypto- und KI-Hype an: Die Nähe zum Traum reichte aus.

Quantencomputing ist wie die frühen Tage der KI: ein Spielplatz der Übertreibung, auf dem nur eines schneller ist als die Technologie – die Geschwindigkeit, mit der Investoren ihre Geldbörsen öffnen.

Kulturelle Absurditäten: Von Sci-Fi-Träumen zu greifbarem Hype

Lassen wir uns nicht täuschen – das ist nicht alles schlecht. Technologischer Hype folgt einem kulturellen Rhythmus: Abstrakte Spekulationen weichen greifbaren Überversprechungen, die schließlich in tatsächlichen Fortschritt münden. KI hat bereits ihre Phase der „greifbaren Übertreibung“ erreicht – Chatbots und Automatisierungstools mögen fehlerhaft sein, aber zumindest können wir sehen, wie sie in die Welt passen. Quantencomputing hingegen steckt noch in seiner Science-Fiction-Phase: eine glänzende Blackbox mit unendlichen Möglichkeiten, aber ohne klare Anwendung für das durchschnittliche Unternehmen.

Es ist die perfekte Metapher für unseren kollektiven Appetit auf die Zukunft: Wir wollen Durchbrüche, ohne auf ihre Nützlichkeit warten zu müssen. Rigetti, mit seinen ambitionierten Roadmaps und wohlformulierten Pressemitteilungen, passt genau in diese Geschichte. Sie verkaufen eine Vision, und in einem Markt, der von dem besessen ist, was als Nächstes kommt, reicht das oft aus.

Wenn KI der übereifrige Musterschüler ist, der sich auf jeden Job bewirbt, ist Quantum noch das geniale, aber weltfremde Genie, das unverständliche Gleichungen an die Tafel schreibt und darauf wartet, dass jemand anderes herausfindet, wie man sie monetarisiert.

Fazit: Ein verworrenes Netz aus Chancen und Risiken

Wo steht Rigetti – und das Quantencomputing insgesamt? Irgendwo zwischen echter Chance und spekulativem Chaos. Quanten-Technologie wird Industrien verändern. Es ist nicht die Frage ob, sondern wann. Das ist eine gute Nachricht für kluge Investoren, selbst wenn Rigetti sich als Fußnote in den Geschichtsbüchern herausstellen sollte. Es gibt Geld zu verdienen, aber man sollte den Hype nicht mit einer Garantie verwechseln.

Die eigentliche Frage ist nicht, ob Rigetti seine Bewertung gerechtfertigt, sondern ob der Quantenboom freundlich zu seinen frühen Akteuren sein wird. Die Geschichte zeigt, dass die meisten den Hype nicht unbeschadet überstehen werden – aber diejenigen, die es schaffen, könnten die Regeln des Computing neu schreiben.

Rigettis Qubits könnten eines Tages die Zukunft antreiben oder in den Reihen der überhypten Flops landen. So oder so: Der Quantenboom ist da – und wer klug ist, stellt sicher, dass das Geld nicht nur imaginär bleibt.